Emaus 1894 - 1909
- Sr. Annette Buschgerd cps
- 27. Sept.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Okt.
Artikel Nr. 6 Oktober 2025
Emaus ist die letzte Station des Gründers. Am 13. 10. 1892 wurde Abt Franz vom Generalkapitel aufgrund des Visitationsberichts vom Juli desselben Jahres seines Amtes enthoben. Das Dekret formulierte scharf: „Wir erklären Dich für ein Jahr von all Deinen Funktionen suspendiert. … Du sollst Dich auf eine entfernte Station zurückziehen, … jede Verbindung mit Patres, Brüdern und Schwestern meiden … und Dich jeder literarischen Aktivität, mündlich oder schriftlich, enthalten.“ - „Sein Todesurteil“, konstatiert A. Roos. Ja? Der Gründer überlebte es um 15 Jahre und damit alle seine Nachfolger und Gegner im Amt!
Administrator Amandus Schölzig überreichte ihm das Schreiben am 12. 12. Sofort brach er nach der Lourdes Mission auf, zog den braunen Habit der Brüder an und spaltete Holz. Den Gehorsam hatte er nicht verlernt.
Wie aber löste P. Amandus die Streitfrage „Observanz - Mission?“, über die Abt Franz gestolpert war? Anfang Februar 1893 reichte er seine Resignation in Rom persönlich ein. Am 2. Mai wurde auch Abt Franz zitiert, entschuldigte sich aber aus Gesundheits- und Altersgründen. P. Amandus musste gegen seinen Willen im Amt bleiben, woraus Abt Franz folgerte, dass er ausgedient hatte und seine Suspension darum hinfällig war. Er nahm wieder Kontakt mit Mitbrüdern und Freunden auf. Am 3. Mai schrieb er an Br. Nivard Streicher, der, wie die meisten Brüder, treu zu ihm stand: „Heute ist das Fest Kreuzauffindung; auch ich habe einen kostbaren Kreuzpartikel gefunden; … ich will mich an ihm hinaufziehen lassen zum Vater.“ Verfemt sein war schwer. Bischof Peter Strobino, Koadjutor des Bischofs Ricards, ersuchte er um eine Seelsorgestelle in seinem Vikariat; alles sei ihm recht, „solange es nur weit weg ist von Mariannhill.“ Ricards winkte ab.
An Pfingsten nahm der Vielgeprüfte Abschied von Mariannhill und schrieb anschließend an Br. Stanislaus: „Ich wollte mit der ganzen Welt Abrechnung machen, deshalb bat ich alle um Verzeihung und bot sie auch allen an, wo ich noch konnte. Meine Abschiedsrede war wie eine Leichenrede am eigenen Grab. … Gott sei gepriesen, dass ich in den 5 Monaten meiner Strafe gelernt habe, es zu ertragen, wenn man auch das Ärgste von mir sagt, glaubt und schreibt. Ja es freut mich, dass ich recht verachtet werde. Könnte ich doch noch mehr von dieser Art für Gott aushalten“ (28. 5. 1893).
Das Generalkapitel von 1893 entschied: „Abt Franz darf aus sehr wichtigen Gründen sein Amt nicht mehr ausüben.“ P. Amandus wurde als Abt gewählt. Und der Gründer? Er stellte noch 1896 gegenüber Propaganda Fide klar: „Resigniert habe ich nie. … Aber nachdem ich abgesetzt war, habe ich durch meine Resignation im Herzen meine Zustimmung zum fait accompli gegeben und seit damals unterschreibe ich mit ‚resign. Abt’.” An einen Freund schrieb er: „Ich hätte mir nicht getraut, zu resignieren, da ich mich sonst noch rüstig fühle, und ich wäre bereit gewesen, der guten Sache zulieb die Bürde bis zum letzten Atem zu tragen, die für jeden Neuen fast untragbar sein wird. … Möchte mir bloß der gerechte Richter Ausdauer verleihen bis ans Ende.“
Seine Kraft war ungebrochen, so als wollte er sagen: Regieren kann man zwar nicht ohne Titel, agieren aber wohl. Als Beweis, bestürmte er Cecil Rhodes um Missionsland im neu errichteten Rhodesien und erhielt es, drängte seinen Nachfolger, ihm ein Domizil anzuweisen, zog auf einem Ochsenwagen in Chimper‘s Nek (Lourdes Mission) auf – w nicht einmal ein Kälberstall bereitstand – und feierte dort am 24. 4. 1894 seine erste Hl. Messe, als Mariannhill sich zur Benediktion von P. Amandus anschickte. Abt Franz nannte seine letzte Gründung Emaus (1 m), nahm dort zwei Monate lang mit einer Blechhütte, hatte schon im Mai eine eigene Posttasche. Im Juni kamen die ersten Schwestern, Angela Michel und Edmunda Fraundorfer, die sofort ans Werk gingen und noch vor Weihnachten in ein zweistöckiges, unterkellertes Haus einziehen konnten. Der 69-Jährige selbst schlug mit Axt und Pickel 174 Stufen eines Kreuzwegs in einen steilen Felsen und erstieg diesen jeden Morgen bis kurz vor seinem Tod. Seine Betrachtung war jedes Mal: „Wie der Herr, so auch ich.“ Auf luftiger Höhe ließ er ein Riesenkreuz in den Felsen einsetzen und weihte den Kreuzweg am Bernards-Tag ein, der wie ein Volksfest und unterschiedslos von Christen und Nichtchristen begangen wurde

Als selbstständige Mission sollte Emaus wirtschaftlich unabhängig sein. Dafür sorgten hauptsächlich die Schwestern zusammen mit den einheimischen Angestellten. Der Boden war gut, wollte aber richtig bestellt sein. Bald gab es Zug- und Pflugochsen, Milchkühe und Ställe sowie eine Scheune, von den Schwestern selbst errichtet. Emaus blühte, erntete reichlich und hatte 150 Stück prächtiges Vieh. Abt Franz sparte nicht mit Lob: „Meine Schwestern missionieren durch gutes Beispiel.“ Und aus Regierungskreisen kamen „Congratulations!“ Fünf Jahre später bauten die Schwestern eine Kirche mit Ziegeln, die sie selbst gebrannt hatten.
Wenn der Gründer nicht gerade mit Hand anlegte, spitzte er seine Feder, hielt Kontakt zu Wohltätern und mischte sich mit Artikeln und Kommentaren in die Diskussion über die Wirtschaftlichkeit von Missionsfarmen oder situationsgerechte Evangelisation ein. Er hatte das Ohr am Puls der Zeit. Alle wichtigen Ereignisse fanden Niederschlag in seinen Schriften. Seine Abhandlung (in 72 Punkten!) zur Lösung der Native Question wurde im Juli 1894 nach einem 3-jährigen Papierkrieg erfolgreich veröffentlicht.
Katastrophen, wie die Rinderpest (1896), der Griqua-Aufstand (1897) und Burenkrieg (1899-1902) gingen an Emaus vorüber, desgleichen ein verhee-render Schneesturm (1903) und eine Heuschreckenplage. Als Transvaal an die Engländer fiel, rührte sich im 75-Jährigen der alte Pioneer: „Jetzt können wir nach Transvaal vordringen und missionieren,“ schrieb er am 2. April 1900 an Freund Haitinger.
Die weitere Entwicklung von Mariannhill begleitete Abt Franz mit wachem Interesse. Tief betroffen vom frühzeitigen Tod seines Nachfolgers (Januar 1900), sah er die Wahl P. Gerard Wolperts als 3. Abt skeptisch und seine Abdankung (1904) um Jahre voraus. Zu seinem 75. Geburtstag und goldenen Priesterjubiläum im Oktober 1900 ließ er sich zwar drei Tage lang feiern und spielte seinen angeschlagenen Gesundheitszustand herunter, aber man merkte ihm doch seine verminderte Seh- und Hörkraft an. Sein Gedächtnis ließ ihn im Stich; sein rechter Arm begann zu zittern; die Schmerzen nahmen zu und P. Josef Biegner musste kommen, seine Arterienverkalkung zu behandeln (1905).
Ende Februar 1905 bekam Mariannhill mit Abt Edmund Obrecht einen Administrator. Der Gründer versprach sich gründliche Reformen von ihm, war aber bald zutiefst enttäuscht: „Er lässt niemand zu Wort kommen.“ Obrecht entzog ihm die Leitung und die Posttasche und unterstellte Emaus der Lourdes Mission. Der 80-Jährige gehorchte. Er widerrief nichts; er beschönigte nichts; er bedauerte nur, in seinen jüngeren Jahren zu ungestüm gehandelt zu haben. Doch als Obrecht die ersten Missionen aufhob, protestierte er. Zusammen mit 24 Missionaren unterzeichnete er. als „fr. Franziskus“, ein Memorandum an Propaganda mit der Bitte um „eine rechtliche Grundlage“ für die Mariannhiller Mission. Es wurde ad acta gelegt.
Erst zwei Jahre später schaffte das Generalkapitel Klarheit: Mariannhill wurde vom Orden getrennt und Prior Isembard Leyendecker mit der Leitung betraut. Wie reagierte Abt Franz? In einem Brief an den Generalabt vom 8. März 1908 fand er deutliche Worte: „Trappist und Missionar unter einem Hut verträgt sich nicht.“ Sein Horizont war weit geworden, sehr weit; nicht „Observanz oder Mission“ zählte, sondern, dass „Christus in allem gepredigt wird“ (vgl. Phil 1,18).

Und Mariannhill? Eine Plenarkonferenz am 11. Mai 1908 beantragte zwar eigene
Statuten aber ohne Trennung – eine Unmöglichkeit! Papst Pius X. griff ein: Mariannhill wurde aus dem Ordensverband gelöst, konnte sich aber als Missionsinstitut neu konstituieren (2.2.1909). Der Gründer atmete erleichtert auf: „Mein Werk ist gerettet!“ Am 24. 5. 1909 starb er, als Trappist, und wurde unter dem alten Feigenbaum in Mariannhill beigesetzt. „Dort,“ so sein Wunsch, „will ich bei meiner Auferstehung meinem lieben Herrn und Heiland begegnen, und müsste ich auch, um Ihn zu sehen, wie Zachäus im Evangelium auf den Feigenbaum klettern.“
© Sr. Annette Buschgerd cps
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