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Der Mönch-Missionar 1886-1909

  • Sr. Annette Buschgerd cps
  • 31. Okt.
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 29. Nov.

Artikel Nr. 7 November 2025

Die 3. Folge dieser Reihe handelte von dem Seelsorger und Beichtvater Pfanner, der mit 38 Jahren ins Kloster ging. Er war Trappist mit Leib und Seele.

Im vorliegenden Beitrag gilt unsere Aufmerksamkeit dem Missionar, der sich nach seinen eigenen Worten bereits 1849 im Priesterseminar in ihm regte. „Immer, wenn wir das ‚Miserere‘ beteten, verspürte ich … einen unbändigen Drang, in die Mission zu gehen. Die Sehnsucht und der Wunsch, für die Mission zu arbeiten, quälten mich und ließen mir keine Ruhe.“ (Wenn nicht anders angegeben, sind alle Zitate den „Lebenserinnerungen“ von Abt Franz entnommen.) Doch der Bischof entschied, dass er für die Mission zu schwach sei. Eigenartig ist seine Bemerkung, dass ihn im selben Jahr „ein außerordentlicher Gebetseifer überfiel, verbunden mit einer Vorliebe für äußere Strengheiten.“  Mission und Askese: zwei Ideale des 24-Jährigen, die es in Einklang zu bringen galt.

Wie wir sahen, wurde Pfanner zunächst Pfarr- und dann Schwesternseelsorger, bis eine hartnäckige Lungenschwäche und andere Umstände ihn im Alter von 38 Jahren vor eine neue Lebenswahl stellten. Wieder zog es ihn zum Ordensstand und zugleich in die Mission: „entweder, in einen Orden einzutreten, wo man streng die Regel hält,“ oder – voller Bewunderung für seine Landsleute, Engelbert Kolland (1860 Märtyrer in Damaskus) und Ignaz Knoblecher, (Missionar und Afrikaforscher) – „Missionar in Zentralafrika zu werden.“ Doch von Afrika hielt ihn eine lebensgefährliche Darmentzündung zurück, die er sich im Mai desselben Jahres in Suez zugezogen hatte, „so dass ich mir sagen musste, für einen Afrikamissionar nicht zu taugen.“ Anfang September trat er in das Kloster Mariawald ein. Vorerst hatte der Trappist über den Missionar gesiegt.

Beten, Arbeiten und Fasten, verstanden als Buße oder Sühne, brachten P. Franziskus zu Kräften. Er gründete 1869 Maria Stern im türkisch-islamischen Bosnien, wo von Mission im geläufigen Sinn keine Rede sein konnte.  Juli 1880 zog er mit 33 Trappisten (und einem Buchdrucker aus den Werkstätten Don Boscos in Turin) zum Kap der Guten Hoffnung und von dort Ende 1882 nach Natal, wiederum, nicht um zu missionieren, sondern um ein Trappistenkloster zu gründen, das er Mariannhill nannte.

Trappisten sind nicht Missionare, sondern zurückgezogene, kontemplative Mönche. Missionarisch aktiv wurden sie im Laufe ihrer Geschichte nur vorübergehend und auf Drängen der Päpste Pius IX. und Leo XIII., weshalb die Freunde und Wohltäter der Schweigenden Mönche von Mariannhill auch keine Missionsarbeit von ihnen erwarteten. Prior Franz, wie man ihn in Bosnien nannte, fasste das Verhältnis zwischen Mönchen und Missionaren in ein Bild: „Sie lassen sich gut mit den an einer Feuerspritze Beschäftigten vergleichen. Die einen liefern das Wasser in die Spritze, die anderen stehen am Schlauche und leiten das Wasser auf die Feuerstellen. ... So sind die Missionspriester die eigentlichen Lenker der Mission und machen mehr Aufsehen, aber was die beschaulichen Männer- und Frauenorden zur Mission liefern, ist nicht minder notwendig, wohl aber weniger in die Augen springend, das ist das Gebet und die dadurch bewirkte Gnade des Hl. Geistes. Wenn man uns in Afrika zu nichts mehr brauchen kann, als Gottes Gnade auf die Missionen herabzuflehen, sind wir auch zufrieden und machen keine Ansprüche auf etwas anderes.“ (VG 5 & 8, 1885)

Nicht „Ansprüche“, aber die stete Bereitschaft, auf Gottes Wort zu hören. Und Gott sprach vernehmlich. 1885 wählten die Mönche ihren Prior zum Abt, und schon 1886 kamen Zulus von weither nach Mariannhill mit der Bitte, die Trappisten möchten in ihre Dörfer kommen und Schulen einrichten, eine Bitte, die den Abt vor eine folgenschwere Entscheidung stellte. Denn bis dahin hatten sich die Trappisten an die von der Regel gesetzten Grenzen gehalten. Wenn er sie nun außerhalb dieser Grenzen einsetzte, würde ihnen das streng regulierte Leben des Klosters (Observanz) nicht mehr möglich sein, außer mit Dispens.  Abt Franz ließ sein missionarisches Herz sprechen. Die Bittsteller kannten „den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ (1 Petr 1,2) nicht und noch weniger die Frohbotschaft von ihrer eigenen Erlösung. Aber hatten sie nicht ein Recht auf sie? Durfte er sie ihnen vorenthalten?

Noch im selben Jahr gründete er die ersten Missionsstationen und machte den Grundsatz zur Faustregel: „Wenn die Mission mit der Regel in Konflikt gerät, gibt man gewöhnlich der Mission den Vorrang.“ Also: Nicht ein Entweder – Oder, sondern ein

Abt Franz beim Holzspalten
Abt Franz beim Holzspalten

Sowohl – als – Auch war sein Bestreben, das er 1889 in ein Bild fasste, als er Novizen bei einer Einkleidungsfeier das halblange Skapulier der Trappisten überstreifte „Das Skapulier bedeckt euren Leib nur zur Hälfte. Das heißt, dass das Herz, das damit bedeckt ist, stets für den Orden brennen muss; Kopf, Hände und Füße aber für die Mission arbeiten sollen.“ (Mariannhill Kalender, 1890)

Abt Franz nahm für seinen Versuch, beiden Idealen, dem monastischen wie dem missionarischen gerecht zu werden, Strapazen, Risiken und Verleumdungen auf sich. Obwohl 1890 die Mission nicht mehr wegzudenken war, teilten nicht alle Trappisten die missionarische Einstellung. So versuchte er, mit noch mehr Verhaltensregeln, als die Regel ohnehin vorschrieb, einer Spaltung in zwei Lager vorzubeugen, aber nur um sich  den Ruf eines unnachgiebigen, ja, radikalen, Obern einzuhandeln. Wahr ist, dass die Strikte Observanz nach wie vor sein Stolz war, den er noch beim Generalkapitel von 1891, verteidigte: „Wir gehen streng nach der Regel. Wir benötigen keine Erleichterungen.“


Abt Franz in Emaus
Abt Franz in Emaus

Doch auf Dauer ließen sich Mission und Regel nur schwer, wenn überhaupt, miteinander verbinden, zu sehr gingen die Meinungen auseinander. So ist es nicht verwunderlich, dass Abt Franz, teils durch Umstände gezwungen, teils durch sein rasches Vorgehen heraufbeschwört, zwischen die Fronten geriet. Die ihn weniger gut kannten, warfen ihm Eigensinn und Ungehorsam vor, weil er die Regel entweder missachtete oder zu sehr an ihr festhielt. Nicht alle schafften die Gratwanderung zwischen Regel und Mission, „mit der Fibel in einer Hand und dem Regelbuch in der andern“. War es überhaupt sinnvoll, Observanz und Mission auf einen Nenner zu bringen? Vom hl. Ansgar, Mönch und Bischof (801-65), hatte sein Biograf Rimbert geschrieben: „Im Herzen, ein Mönch – in der Tätigkeit, ein Apostel“. Ja, aber Ansgar war kein Trappist, sondern Benediktiner. Was aber das Benediktinische betraf, so hätte im damaligen Mariannhill wohl Niemand dem Trappisten Thomas Merton Recht gegeben, der Mariannhill „ein erstaunliches Schauspiel einer Trappistenmission kontemplativer Mönche [nannte], die nach rein benediktinischen Grundsätzen ein Apostolat des Gebets und der Arbeit, der Liturgie und des Pfluges pflegten.“  (Waters of Siloe. New York: 1949. S. 1157) Denn trotz ihres missionarischen Einsatzes war das Selbstverständnis der Mariannhiller das von Trappisten und es blieb so – um der Entwicklung etwas vorzugreifen – bis lange nach ihrer Trennung vom Orden (1910).

1891 unterbreitete Abt Franz dem Generalkapitel 16 Forderungen seiner Missionare, die alle nur eines bezweckten: anderen Missionaren gleichgestellt zu werden. Er mag es noch mit geteiltem Herzen getan haben, aber weniger als ein Jahr später, vom Visitator herausgefordert, bekannte er sich entschlossen zur Mission, ohne jedoch – typisch für Abt Franz! – die Regel zu relativieren. Die Trappisten waren in seinen Augen nach wie vor die besten Missionare, denn sie verbesserten die Lebensbedingungen der Menschen und schufen so die Voraussetzung für eine Lokalkirche. Um jedem Zweifel an seiner Einstellung zuvorzukommen, schrieb er: „Ich bin noch stets der alte konservative Fortschrittsmann, der … als Missionar immer weiter strebt, als Trappist aber fest auf dem Alten sitzt.“ (VG, Extra-Nummer. 10. Jg. M’ll 24. 12. 1892. Nr. I: MEHR AUFKLÄRUNG.)

Abt Franz ging 1892 für seine Überzeugung ins Exil.

Prior Franz in Bosnien
Prior Franz in Bosnien

Erst in Emaus, nach inständigem Gebet und mit geschärftem Blick rang er sich zu der Erkenntnis durch, dass das missionarische Ideal mit dem trappistischen nicht zu harmonisieren war. Folgerichtig unterschrieb er 1905 eine Petition von 24 Missionaren an Propaganda Fide um eine angepasste Regel und unterbreitete am 28. März 1907 Generalabt Marré seine eigene Überzeugung: „Wenn ich noch einmal jung wäre, …  so würde ich sicher kein Trappist mehr.“ Weil er an den Trappisten irregeworden war? Nicht im Geringsten, sondern weil weder er noch seine drei Nachfolger im Amt den Spagat zwischen Regel und Mission hatten überbrücken können. „Ich ginge vielmehr in eine Missionsgesellschaft, wo man nicht immer zwischen Regel und Mission streitet.“

Er war den Streit satt und hatte die Statuten für eine neue Missionsgesellschaft („Propaganda Piccola“) entworfen, die von den Trappisten (nur) das Arbeitssystem übernehmen sollte.

Den Schluss des Briefes bildet das begeisterte Bekenntnis des zum Missionar gewordenen 82-Jährigen: „Ich wäre der Erste, der auf der Eisenbahn [von der er träumte] nach Europa dampfte und würde noch tausendmal Predigten und Vorträge halten zum Fortgang der Mission in Afrika und Russland.“ Franz Wendelin Pfanner verleugnete sich nie: „Ich halte die Welt für eine große Milchkuh; wer sie zu melken versteht, der soll es tun. … Die neue Missionsgesellschaft … aber wünschte ich nicht bloß in Südafrika, sondern … auf der ganzen Welt … und die Trappisten neben ihr, damit sie einander Konkurrenz machten. Dann würde sich zeigen, welches das richtige Missionsprinzip ist, das der Expansion oder der Konzentration. … Trappist und Missionär unter einem Hut ist inkompatibel.“

© Sr. Annette Buschgerd cps

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